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Interview mit
Biggi Renner

 

 
I n t er v i e w



REPORTAGE von Marion Munke

Amor trifft Psyche

Duftdesignerin Biggi Renner und ein Hauch von Patrick Süskind

Wenn ein Film mit dem bezeichnenden Titel »Das Parfum« in der eigenen Stadt Premiere hat, dann ist das für eine Duftdesignerin Herausforderung und Inspiration zugleich. Dann zieht sie sich mit der Romanvorlage in ihre Duftwerkstatt zurück und studiert die Passagen rund um die Parfumherstellung in allen Einzelheiten. Anschließend mischt sie, prüft, verwirft, mischt erneut, prüft wieder, verfeinert – um pünktlich zum Kinostart ihre Kunden mit einer eigenen Interpretation von »Amor und Psyche« zu überraschen. Biggi Renner, Duftdesignerin aus dem Schwabinger »aromare« berichtet nicht ohne Stolz, wie der Ehrgeiz sie packte, rechtzeitig zur Kinopremiere im September 2006 den passenden Duft zum Film im Schaufenster zu haben.

Duftinspiration von der Sommerwiese - statt vom Fließband (Foto: Marion Munke)

Duftinspiration von der Sommerwiese - statt vom Fließband
(Foto: Marion Munke)



Vom Filmduft zum Wahnsinn

Von der positiven Resonanz ermutigt, wagt sie sich an die Kreation eines weiteren Parfums. Sie nennt es den »Duft des Wahnsinns« und untermalt damit eine Lesung, in der das Publikum die Pariser Geruchswelt des Süskind-Romans sensorisch miterleben konnte. »Wir haben den Duft als Raumspray verwendet. Das hat die Zuschauer ziemlich irritiert.« Die 58-jährige lächelt amüsiert, als sie sich an die Reaktion ihres Publikums erinnert.

»Der Duft des Wahnsinns ist aber auch wirklich heftig«, murmelt Renner und nimmt ein kleines, unschuldig aussehendes Fläschchen aus ihrer Glasvitrine. Vorsichtig schraubt sie den Deckel ab. Langsam führt sie den geöffneten Flakon zur Nase, augenblicklich verzieht sich ihr Gesicht. Schnell schraubt sie den Deckel wieder auf das Flakongewinde. Ein Ausnahmeduft. Gewollt provozierend und damit das genaue Gegenteil von dem, was Biggi Renner mit ihren individuellen Duftkompositionen normalerweise erreicht: dass sie mit den Bedürfnissen und Charaktereigenschaften ihrer Kunden harmonisch in Einklang stehen. Und gerade deshalb nicht als Belästigung empfunden werden.

Ein neues Parfum entsteht. Biggi Renner in ihrer Duftwerkstatt (Foto: Marion Munke)

Ein neues Parfum entsteht. Biggi Renner in ihrer Duftwerkstatt
(Foto: Marion Munke)



Abkehr vom Einheitsduft

Renners Weg liegt abseits von Parfum-Einerlei und synthetischer Duftfalle. Seit 2004 setzt sie auf Individualität und Individualität ist deshalb auch die Formel, aus der ihre Kreationen gemacht sind. Ihre Kunden sind Menschen, die von den industriell hergestellten Massendüften sprichwörtlich die Nase voll haben, vielleicht sogar durch sie krank geworden sind. Allergien sind oft der Auslöser für den Wunsch nach einem eigenen Parfum aus naturreinen Pflanzenextrakten. Dazu kommt die Abneigung, sich in ein werblich vorgegebenes Duftschema pressen zu lassen. »Aus dem Schema F will ich die Leute raus holen. Sie sollen auf ihre eigenen Bedürfnisse achten und erkennen, ich bin nicht das, was ich laut Werbung sein soll.« Im »aromare« läuft es deshalb umgekehrt. Erst der Mensch, dann das Parfum.

Natur pur. Etwas anderes gehört für Biggi Renner nicht ins Parfum (Foto: Marion Munke)

Natur pur. Etwas anderes gehört für Biggi Renner nicht ins Parfum (Foto: Marion Munke)



Renners Kunden zeigen Profil

Der Weg zum eigenen Parfum führt über ein individuelles Duftprofil. Dafür müssen Renners Kunden einiges von sich preisgeben. Was sind ihre Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen? Was ihre Stärken und Schwächen? Welche Höhen und Tiefen haben sie durchlebt? »Das muss ich wissen, weil das Profil eines Menschen den Profilen der einzelnen Pflanzen zugeordnet wird. Die eine Pflanze ist eher belebend, die andere stimulierend.« Auch das Sternzeichen spiele eine Rolle, weil nicht jedes ätherische Öl mit jedem Sternzeichen harmoniere.

Nach Auswertung dieses Duftprofils nimmt das Parfum langsam Gestalt an. Zunächst in Form eines Bildes im Kopf der Duftdesignerin. Vor ihrem geistigen Auge entstehen Farben, Muster, richtige Landschaften. Je näher sie das Bild betrachtet, es wie mit einer Kamera zu sich heranzoomt, desto mehr Details kann sie erspüren und sie bestimmten ätherischen Duftkomponenten zuordnen. Wenn alle Parfumbestandteile gefunden sind, zieht sich Biggi Renner in ihre Duftwerkstatt zurück. Dort mischt sie die einzelnen Aromaöle zusammen – nicht, ohne über jedes verwendete Tröpfchen ihrer kostbaren Essenzen akribisch Buch zu führen. Einen dicken Leitz-Ordner hat sie schon mit ihren handschriftlich dokumentierten Parfum-Rezepten gefüllt. Auf diese Weise ist sicher gestellt, dass ihre Kunden ihr Lieblingsparfum jederzeit nachbestellen können. Etwa 250 Euro sollte ihnen ihre neue Individualität wert sein. Manchmal auch etwas mehr, je nachdem aus wie vielen Essenzen sich das eigene Parfum zusammensetzt.

Der individuelle Flakon für den individuellen Duft (Foto: Marion Munke)

Der individuelle Flakon für den individuellen Duft
(Foto: Marion Munke)



Und der eigene Duft?

Hat eine Duftdesignerin, die den ganzen Tag von erlesenen Düften umgeben ist, eigentlich Muße, für sich selbst ein Parfum zu kreieren? Biggi Renner lächelt und schüttelt den Kopf. Ab und zu trage sie gerne ihr »Amor trifft Psyche«. Ansonsten freue sie sich zu Hause auf ganz normale Wohnungs- und Essensgerüche. Außerdem liebe sie den Geruch von München. »Diese Stadt riecht ziemlich grün.« Renner überlegt kurz und hat dann die Duftkomponenten für ein neues München-Parfum parat. »Ich würde dafür viele grüne Düfte verwenden. Ein bisschen Alge, das assoziiert eine Mischung aus Bergen und Meer. Außerdem Thymian und Rosenholz. In die Basisnote käme Tabak, weil die Stadt auch immer ein bisschen rauchig riecht. Was Holziges müsste auch dabei sein. Wegen der vielen Birken an der Isar. Und Linde.« Sagt´s und entschwindet zum Mischen eines neuen Parfums in ihre Duftwerkstatt.

München riecht grün  (Foto: Marion Munke)

München riecht grün
(Foto: Marion Munke)



Das Interview finden Sie auch auf der Internet-Seite der Journalistenakademie


Ein weiteres Interview finden Sie in der Ausgabe 1/2007 der Zeitschrift ab40


 

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